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Das Rathaus
   
 

Rat und Hilfe konnte man von jeher und sollte man sich auch heute noch dort
holen können, wie es bei einer bürgernahen Verwaltung selbstverständlich ist.
Der Name des Hauses ist indes nicht davon hergeleitet, sondern weil es
Tagungsstätte des Rates (in der Urkundensprache auch„ senatus" genannt) und
Sitz der Gemeindeverwaltung war. Doch stellten die alten Rathäuser eigentlich
auch Mehrzweckbauten dar. So waren in Kiedrich jahrhundertlang dem Rathaus
die Gemeindeschmiede und das Gemeindewirtshaus angegliedert.
Untergebracht waren in ihm neben der Gemeindekasse die Geräte der
Feuerwehr, der Schröter (zum Transport der Faßweine) und der Eicher (für
Masse, Gewichte und die Weinfässer). In der ehemals offenen Halle des
Erdgeschosses spielte sich z.T. das Marktgeschehen ab, und es wurde Gericht
gehalten. Im Saal feierte man Hochzeiten und sonstige Feste; außerdem diente
er - noch in unserem Jahrhundert - als Mädchenschule. Nicht vergessen sei
auch die Arrestzelle, im Volksmund „Bollesje" genannt.

 
     
 

Die älteste Erwähnung des Rathauses finden wir im Stiftungsbrief des
Elisabethenaltars der Kirche vom 10. März 1393. Danach gehörte zu den
Stiftungsgütern u.a. der Zins „de domo et area juxta portam sita ex opposito
praetorii", also von einem Haus und Grundstück, gelegen neben der Pforte,
gegenüber dem Rathaus. Diese Stelle ist im heutigen Anwesen Bibo/Krechel
zu suchen.

 
     
 

Praetorium und Curia sind die geläufigen lateinischen Bezeichnungen für das
Rathaus; der Rathaus - Chef hieß dementsprechend Praetor = (Ober-)
Schultheiß (vgl. auch „fons praetoris" aus derselben Urkunde im Beitrag
„Der Kiedricher Marktbrunnen").

 
     
 

Bei der oben genannten Pforte handelt es sich um eines der drei Tore von
Kiedrich, und zwar die so genannte Eltviller Pforte zwischen dem alten Rathaus
und den gegenüber liegenden Häusern. Dieses erste Kiedricher Rathaus stand
zwischen Kirche und Michaelskapelle, je zur Hälfte außerhalb und innerhalb der
jetzigen Kirchhofsmauer und beherbergte auch die Gemeindeschmiede.
Seine Fundamente wurden bei der Kanalverlegung auf dem Kirchhof und bei
den Straßenbauarbeiten der 60er und 70er Jahre angeschnitten.

 
 

 

 
 

Geblieben ist bis heute an Ort und Stelle der halb versunkene Pranger, auch
Stein, Lasterstein oder Öffentlicher Stock genannt, ein Polygon behauener
heller Kalkstein mit zwei schweren eisernen Ringen und dem Rest eines
Halseisens. Prangerstrafen wurden wiederholt verhängt.
Der neben ihm wiedererrichtete Marktbrunnen markiert eindrucksvoll den
Standort des alten Rathauses.

 
     
  Mit dem Bau des heutigen Rathauses wurde 1585 begonnen; vollendet war
es laut Inschrift auf dem Türsturz vom Treppenturm zum Obergeschoss
anno 1586. Als, Begründung für den Neubau führen Schultheiß und Rat an,
das seitherige Rathaus stünde
„mit großer Feuers und brandtsgefahr, auch
anderer Ungelegenheit halbenn zum nechstenn ahn der Kirchen"

- ein bemerkenswerter Fall von Fürsorge­ und Denkmalpflegebewußtsein.
Der Neubau sei an der Stelle des 1417 gestifteten Pilgerhospitals vorgesehen.
 
     
  In ihrem Buch: „Rathäuser im Rhein - Main - Neckar - Raum" führt
Irene Spille zum Kiedricher Rathaus folgendes aus:
 
     
 

Erbaut 1585 - 86 anstelle des Pilgerhospitals. - Traufseitig am Marktplatz
gegenüber der Kirche gelegen. - Stattliches, 2 - geschossiges, verputztes
Bruchsteingebäude. Erdgeschoß im östlichen Teil ursprünglich als offene
Durchfahrtshalle mit Mittelsäule, zum Marktplatz hin rundbogige Durchfahrt,
daneben eine kleinere Einfahrt und eine rundbogige Pforte.

Fenster des Erdgeschosses und des 1. Obergeschosses unterteilt, mit
abgefasster, rechteckiger Rahmung, etwas unregelmässige Anordnung.
Im 1. Obergeschoss Sitzungssaal, frontseitig, zu den Gebäudeecken zu,
2 die Fassade prägende Fenstererker auf je 3 Konsolen, mit zwerchhausartig
in das Dach einschneidenden Satteldächern mit geschweiften Schildgiebeln.

Überdachte Wappentafel mit Ortswappen . und Brömserwappen über
der Erdgeschosspforte.

Satteldach mit Schildgiebeln, am Westgiebel 2 - geschossiger Kaminaufsatz.
Auf der Rückseite des Gebäudes runder Treppenturm.

Das Rathaus wurde an ein älteres Fachwerkhaus direkt neben dem
Treppenturm angebaut.

 
     
     
     
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Bauvorhaben der Gemeinde
   
     
  Dem Projekt der Fachhochschule unter der Leitung von Professor Falk Krebs
ging eine Anfrage der Gemeinde Kiedrich voraus.
 
     
  Da in den nächsten Jahren eine Zusammenführung aller - im Moment sehr
zerstreuten - Ämter vorgesehen ist, liegt dem Projekt also ein sehr realer
Gedanke zugrunde.
 
     
  Eingetretene Umstände wie die Möglichkeit der Nutzung des Hinterhauses
lassen die Planung in eine neue Phase treten.
 
     
  Bei einem Treffen mit Gemeinderat und Bürgermeister wurden den
Projektteilnehmern Wünsche und Vorstellungen nahegebracht.
 
     
  Diese sahen die Vereinigung aller Ämter in den nun zur Verfügung
stehenden Gebäuden vor.
 
     
     
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Entwurf von Eckhardt, Henn und Merz
   
     
  Nach ausführlichen Messungen und Recherchen war es uns möglich eine
Dokumentation der historischen Bausubstanz vorzunehmen. Die nicht sehr
umfangreichen Informationen der Gemeinde wurden so vervollständigt.
Erst nach dieser zeitlich aufwendigen Arbeit war es uns möglich Gedanken
an eine Umplanung dieses Bestands zu verlieren.
 
     
  Diese Gedanken gingen bei allen drei Teilnehmern von vorne herein in
die selbe Richtung.
Integration des Hinterhauses, geschichtliche Rückführung des Erdgeschosses
und Einbindung des gesamten Hinterhofes in die Planung.
 
     
  Um allen Ämtern Platz zu bieten ist eine Umplanung des Hinterhauses
vorzusehen. Diese sieht einen kompletten Umbau bis unters Dach vor.
 
     
 

Bei der geschichtlicher Rückführung des Erdgeschosses handelt es sich
um den aufwendigsten Teil unserer Planung.

Das Erdgeschoss war wie erwähnt früher zum größten Teil offen und
wurde als Markthalle verwendet.

Heute ist sie komplett geschlossen und mit einigen kleinen, unansehnlichen
Büros versehen. Eine Hofdurchfahrt zerschneidet zudem die Etage.
Schandfleck des Rathauses sind die öffentlichen Toiletten auf der linken
(vom Marktplatz betrachtet) Seite.

Eine Öffnung des Gebäudes wie früher ist aus vielerlei Gründen nicht
möglich, doch können Glastore und einige Änderungen im Inneren diesen
alten Eindruck wieder auferstehen lassen.

 
     
  Die Einbindung des gesamten Hofgeländes ist schon aus verkehrstechnischen
Gründen anzuraten. Die Parkplatzkapazität am Marktplatz ist äußerst
begrenzt und ließe sich mit dem Umbau vervielfachen.